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logo 40 • das CAMLOG Partner-Magazin • Juni 2017 logo 40 • das CAMLOG Partner-Magazin • Juni 2017 36 PRAXISMANAGEMENT Tyrannei der eigenen Werte Es liegt in der Natur der Sache, dass jeder Mensch seine eigenen Motivausprägun- gen als positiv wahrnimmt. Dies führt zu einer unbemerkten starken Selbstbezogen- heit – im Fachjargon „Self-hugging“ oder „Wertetyrannei“ genannt. Das bedeutet, dass die eigenen Werte als die einzig rich- tigen definiert werden, obwohl diese kei- nerlei Anspruch auf Unfehlbarkeit erheben können, sondern lediglich die eigene Sicht auf die Welt repräsentieren. Wer diesen Denkansatz verinnerlicht, hat es zwangs- läufig einfacher im Umgang mit anderen Menschen und kann toleranter, offener und wertschätzender sein. Je mehr – für die Führung relevante – Motive (s. Abbildung unten) in die Analyse einflie- ßen, desto differenzierter kann die Persön- lichkeitsstruktur des Führenden dargestellt werden. Auf dieser Grundlage kann evalu- iert werden, was die Person braucht, um motiviert führen zu können. Betrachten wir jedoch exemplarisch nur die zwei Mo- tive „Macht“ und „Unabhängigkeit“, wird schnell deutlich, wie unterschiedlich sich die Führung – selbst nur auf Basis dieser zwei Motive – gestalten kann. Das Motiv Macht Der Leitgedanke bei diesem Motiv ist das Streben nach Macht, Einfluss, Kontrolle und Dominanz. Im Führungsverhalten zeigt sich vor allem, ob diese Menschen 37 PRAXISMANAGEMENT Innovative Führungspersonen sollten heute all diese Fähigkeiten vereinen. Zudem ist als Weiterentwicklung eine hohe Selbstkont- roll- und vor allem Selbstreflexionskompe- tenz gefordert. Das Ziel ist einerseits, die Mitarbeiter optimal zu fördern, um de- ren Potentiale zielführend auszuschöpfen und andererseits, die Arbeitszufriedenheit dauerhaft hoch zu halten. Wertschätzung, Individualität und Nachhaltigkeit sind heu- te die Schlüsselwörter. Nachhaltige Führung in der Zahnarztpraxis Was für große Unternehmen gilt, ist eben- so auf moderne Zahnarztpraxen anzuwen- den – insbesondere, je größer eine Praxis ist. Um eine Zahnarztpraxis auf einem kon- tinuierlich hohen Qualitätsniveau zu hal- ten, sind ein harmonisches Betriebsklima und eine vertrauensvolle Unternehmens- kultur unerlässlich. Eine Arbeitsatmosphä- re oder eine Unternehmenskultur kann aber nicht angeordnet werden – sie sind das Produkt der Führung. Und Führung ist immer Chefsache! Gesundheit, Freude und Motivation am Ar- beitsplatz sind nicht nur entscheidend für das Wohlbefinden des gesamten Praxis- teams, sondern erleichtern auch den Pra- xisalltag, denn jede Dissonanz ist – für alle Beteiligten – spür- und erlebbar. Je woh- ler sich Mitarbeiter fühlen, desto seltener sind Zwistigkeiten und Kommunikations- probleme sowie krankheits- und motiva- tionsbedingte Absenzen. Das Fördern von Gemeinsamkeiten und Stärken im Team – aber insbesondere auch die Wertschät- zung von Unterschieden – schafft einen stärkeren Zusammenhalt und ein höheres Vertrauen untereinander. Praxen, die sich im Wettbewerb erfolgreich positionieren möchten, sollten deshalb in die Ressource Mensch investieren. Eine Steigerung der Führungsqualität und -effektivität rückt – auch aus Kostengründen – immer mehr in den Fokus. Individuelle Strategien für den Führungserfolg Um motiviert führen zu können, ist es es- sentiell, zunächst die eigene Persönlichkeit zu verstehen. „Was treibt mich an?“ Die- se scheinbar simple Frage hat Prof. Steven Reiss dazu bewegt, sich ausführlich mit dem Thema Lebensmotive zu beschäfti- gen. Die 16 Lebensmotive nach Reiss ha- ben elementare Auswirkungen auf das, was wir wollen oder nicht wollen, was wir begrüßen, ablehnen oder tolerieren, was sich letztendlich in unserer Einstel- lung, unserer Haltung und sogar in unserer Sprache widerspiegelt. Die in der Persön- lichkeit tief verwurzelten Motive prägen somit nicht nur unser Verhalten, sondern haben umgekehrt auch große Auswirkung darauf, wie uns andere Menschen erleben und was sie dementsprechend von uns halten. In der logischen Konsequenz tra- gen die eigenen Motive stark dazu bei, wie man als Führungsperson wahrgenommen wird und wie die Mitarbeiter auf diese Führung reagieren. Respekt, Wertschät- zung, Toleranz, Ablehnung, Frust, Demo- tivation und viele weitere Gefühle können daraus resultieren und sich im Handeln der Mitarbeiter widerspiegeln. Die Frage „Wer bin ich?“ leitet somit zwangsläufig auch zur Frage „Wie führe ich?“ über. Die eigene langfristig erfolgreiche Führungs- strategie zu finden, um die Motivation, den Zusammenhalt und das gegenseitige Verständnis in der Praxis dauerhaft auf einem hohen Niveau zu halten, sollte da- her ein erklärtes Unternehmensziel sein. Nicht nur die Zahnmedizin, sondern auch das Thema Führung unterliegt dem Wandel: Während vor 100 Jah- ren die Person des Führenden im Zentrum stand, rückte Mitte des letzten Jahrhunderts mit McGregor, Maslow und Herzberg die Person des Mitarbeiters in den Fokus und löste eine starke Human-Resources-Bewegung aus. In den 70er- und 80er-Jahren wurde, mit Vorreitern wie Blake/Mouton, Schulz von Thun oder Schein, die Beziehung von Mitarbeitern zu Vorgesetzen und somit die soziale Führungskompetenz als Garant für gute Führung definiert. Um 1990 setzte man verstärkt auf Management-Skills. In den letzten zwei Jahrzehnten wurden die Situation und der Kontext fokussiert: Situative Führung und erste systemisch-konstruktivistische Ansätze wurden zu Wegbereitern moderner Führung. GESUND UND MOTIVIERT FÜHREN EIN INNOVATIVER LEADERSHIP-ANSATZ niedrig Macht Unabhängigkeit Unabhängigkeit Macht 0,51 0,55 0,31 -0,50 -0,49 -0,32 -0,57 -1,50 -0,78 0,68 0,75 0,15 0,19 1,35 0,97 1,13 Neugier Neugier Anerkennung Anerkennung Ordnung Ordnung Sparen/Sammeln Sparen/Sammeln Ehre Ehre Idealismus Idealismus Beziehungen Beziehungen Familie Familie Status Status Rache/Kampf Rache/Kampf Eros Eros Essen Essen Körperliche Aktivität Körperliche Aktivität Emotionale Ruhe Emotionale Ruhe Durchschnitt hoch Die 16 Lebensmotive nach Prof. Steven Reiss • Macht • Unabhängigkeit • Neugier • Anerkennung • Ordnung • Sammeln / Sparen • Ehre • Idealismus • Beziehungen • Familie • Status • Rache / Kampf • Eros • Essen • Körperliche Aktivität • Emotionale Ruhe Abb.: Beispiel eines Persönlichkeits-Profils nach Prof. Steven Reiss.

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