Defektregeneration – ein Casebook

16| Defektregeneration – ein Casebook Das Weichgewebemanagement Neben Membranen mit Barrierefunktion werden seit einigen Jahren Gewebematrizes, wie die azellulläre dermale NovoMatrix®, für die Gewebeverdickung und Rezessionsdeckung verwendet. Ein ausreichend dickes Weichgewebe um Zähne und Implantate ist nicht nur für ein harmonisches Erscheinungsbild essenziell, sondern es schützt vor Rezessionen, freiliegenden und empfindlichen Zahnhälsen und verhindert den periimplantären Knochenrückgang. Bei der Implantattherapie ist daher das Erzielen eines drei Millimeter dicken und stabilen Weichgewebes erstrebenswert [27]. Zur Deckung von Rezessionen und der Verdickung von Weichgewebe zum Schutz des Alveolarkamms gelten autologe Bindegewebstransplantate als Goldstandard. Dafür ist jedoch ein zweiter chirurgischer Eingriff zur Gewebeentnahme am Gaumen notwendig. In einigen Fällen steht das autologe Gewebe auch nicht in ausreichenden Mengen zur Verfügung. Die Alternative zum autologen Transplantat ist die NovoMatrix®, eine dermale azelluläre Gewebematrix, porcinen Ursprungs, die reißfest und einfach in der Handhabung ist. Bedingt durch den proprietären Herstellungsprozess ist die Matrix frei von Spenderzellen. Gleichzeitig bleibt die Struktur des ursprünglichen Gewebes nahezu unverändert, sodass das Einwachsen von Zellen und Mikrogefäßen unterstützt wird. Sie ist seit einigen Jahren sehr erfolgreich im klinischen Einsatz und zeigt exzellente Ergebnisse, die durch Studien [28,29,30] belegt sind. Noch unveröffentlichte Daten aus einer laufenden Studie an der Universität Freiburg zeigen außerdem, dass die NovoMatrix nach einigen Monaten Einheilzeit nicht mehr vom Gewebe des Empfängers unterschieden werden kann und somit vollständig in patienteneigenes Gewebe umgewandelt wird. „Adsorption und Freisetzung von Wachstumsfaktoren aus vier verschiedenen Kollagen-Matrices procinen Ursprungs” Cristina Nica, Zhikai Lin, Anton Sculean, Maria B. Asparuhova. Adsorption and Release of Growth Factors from Four Different Porcine-Derived Collagen Matrices. Materials. 2020 Jun 9;13(11):2635. Ziel Es sollte die Adsorption und Freisetzung von Wachstumsfaktoren aus vier Kollagen-Matrices procinen Ursprungs mittels enzymgekoppeltem Immunadsorptionsassay (ELISA) untersucht werden. Die Freisetzungskinetik der Proteine wurde über einen Zeitraum von 13 Tagen quantifiziert. Methode und Ergebnisse Die Proteinfreisetzung erfolgte im Allgemeinen in zwei Phasen. Phase 1 willkürlich definiert durch die höchste Freisetzung in der Regel innerhalb von 24 Stunden. Phase 2 erstreckte sich über den Zeitraum nach der höchsten Freisetzung bis Tag 13, was der verzögerten Freisetzung der Wachstumsfaktoren aus den tieferen Schichten der Matrices entsprach. Die Kollagen-Matrices sind in der Lage, Zellen unterschiedlicher Phänotypen anzuziehen, die anschließend Faktoren für die Weich- und Hartgeweberegeneration, einschließlich Gewebeumbau und Vaskularisierung, exprimieren und sezernieren. Unter diesen Faktoren spielen TGF-β1, FGF-2, PDGF-BB und BMP-2 eine zentrale Rolle bei der Gewebereparatur und beimGewebeumbau. Die Adsorptionsrate und die Freisetzungskinetik der Wachstums- und Differenzierungsfaktoren aus den Matrices sind die wichtigsten Aspekte, wenn es um die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Matrices geht. NovoMatrix™ (HADM) zeigte im Vergleich zu den anderen Matrices frühere Freisetzungspeaks nach 1 Stunde und 3 Tagen und zusätzlich einen dritten Peak an Tag 9 (Abb. 2), wobei 84,3 % des Wachstumsfaktors (BMP-2) innerhalb von 9 Tagen in das Medium abgegeben wurden. Die Gesamtmenge an BMP-2 wurde innerhalb von 13 Tagen abgegeben. Zusammenfassung Die effiziente Adsorption und anhaltende Proteinfreisetzung in den ersten 13 Tagen der NovoMatrix™ können für die langfristi- ge Geweberegeneration nach rekonstruk- tiver Parodontalchirurgie von Vorteil sein. NovoMatrix™ hat kontinuierlich eine sehr frühe Burst-Freisetzung innerhalb von Stun- den gezeigt, auf die eine verlängerte zweite Phase folgte, die durch die Freisetzung ho- her Mengen von TGF-β1, FGF-2 und PDGF- BB gekennzeichnet war, welche 70–80 % der gesamten Proteinfreisetzung während des gesamten Testzeitraums ausmachten. NovoMatrix™ ist die Matrix mit der günstig- sten Freisetzungskinetik von FGF-2 zu- sammen mit dem Wachstumsfaktor TGF-β1. Die geringe Gesamtmenge an BMP-2, die während des gesamten 13-Tage-Zeitraums freigesetzt wurde, in Kombination mit meh- reren Zeitpunkten, zu denen eine Burst- Freisetzung beobachtet wurde, könnte für den langsamen Prozess der Hartgewebe- regeneration nach einer Implantatinsertion oder parodontalen Rekonstruktion vorteil- haft sein. Unter den vier Matrices hat NovoMatrix™ in Summe stärkere positive Auswirkungen auf das orale Zellverhalten gezeigt. Die erzielten Ergebnisse weisen NovoMatrix™ als guten Träger für rekombinaten PDGF- BB aus. Tage BMP-2 (pg/ml) 0.5 1 2 3 6 1 3 5 7 9 11 13 Stunden 250 200 150 100 50 0 Abb. 2: Die Freisetzung an BMP-2 während des gesamten 13-Tage-Zeitraums Freisetzungskinetik der PDGF-BB Faktoren Die höchste Menge an PDGF-BB, die innerhalb der 13-Tage-Frist 82,1% der gesamten freigesetzten Wachstumsfaktoren entspricht, wurde in der zweiten Freisetzungsphase für NovoMatrix™, beobachtet. 64,9 % 59,9 % 82,1 % CCM NCM DADM NovoMatrix™ CCM NCM DADM NovoMatrix™ 50,9 % 1. Peak 2. Peak 3. Peak Die bioaktive Stimulation mit LeukozytenKonzentrat (L-PRF) Um die Regeneration vor allem bei größeren Defektaugmentationen zu beschleunigen, ist die Biologisierung der Knochenersatzmaterialien durch die Beimengung autologer Knochenspäne eine seit vielen Jahren etablierte Methode. L-PRF ist hierfür eine minimalinvasive Alternative, indem Leukozyten und blättchenreiches Fibrin, das durch Zentrifugieren aus dem peripheren Eigenblut der Patienten gewonnen wird, dem Knochenersatzmaterial beigemischt wird. Durch Zentrifugieren erfolgt die Trennung der Blutbestandteile und eine Konzentration der L-PRF Matrix. Das Konzentrat kann sowohl als flüssige als auch als solide L-PRF-Matrix hergestellt und in beiden Formen verwendet werden. Nachdem das flüssige L-PRF dem Ersatzmaterial zugesetzt wird, koaguliert dieses und bildet eine modellierfähige Masse („Sticky Bone“), die sich beim klinischen Einsatz einfach handhaben und applizieren lässt. Die Freisetzung der Wachs- tumsfaktoren aus dem Konzentrat, die sogenannte bioaktive Stimulation, unterstützt die Hart- und Weichgewebeneubildung. [25,26] Die Kombination von Knochenersatzmaterialien und bioaktiven Wachstumsfaktoren aus dem Blutkonzentrat stellt nach bisher gewonnenen Erfahrungen ein optimiertes Augmentationsmaterial dar.

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