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logo 41 • das CAMLOG Partner-Magazin • Dezember 2017 logo 41 • das CAMLOG Partner-Magazin • Dezember 2017 38 PRAXISMANAGEMENT sachliche Kritik wird meist emotional be- wertet. Die Selbsteinschätzung ist durch Unsicherheit eingeschränkt; Selbstzweifel sind die Folge. Dies führt in der Regel zu einem sehr freundlichen Verhalten, jedoch nicht mit dem Ziel des Beziehungsaspekts, sondern um Ablehnung zu vermeiden. Die- se Verletzlichkeit stärkt die Wahrnehmung für andere: Menschen mit einem hohen Anerkennungsmotiv sind daher meist sehr empathisch; je nach weiterer Motivlage können sie jedoch auch zu einem sugges- tiven Verhalten neigen. Das Streben nach Perfektion ist häufig der Grund für ein enormes Arbeits- und Leistungspensum. Beispiel „Soziale Anerkennung“ In meiner Beratung lernte ich einen Arzt kennen, dessen Persönlichkeitsstruktur ein sehr ausgeprägtes Anerkennungsmotiv aufwies. Im Fall dieses Mediziners hatte das hohe Anerkennungsmotiv eine massi- ve Auswirkung auf den Führungsstil: Wer stets gefallen will, dem fällt es schwer, kla- re Anweisungen zu erteilen, konstruktive Kritik zu äußern, Dinge beim Namen zu nennen und klare Entscheidungen zu tref- fen. Unangenehmes konnte nicht ins Posi- tive verändert werden, überfällige Anwei- sungen und auch Kündigungen wurden nicht ausgesprochen, getroffene Entschei- dungen wurden häufig wieder zurückge- nommen, um einer Kritik zu entgehen. Mit der Besprechung der Persönlichkeitsanaly- se wurde dem Arzt schlagartig klar, dass er in einer falschen Harmonie mit seinem Team lebt, wie hoch bisher seine Bereit- schaft war, Inakzeptables hinzunehmen und wie wenig zielführend dies für alle Parteien – inklusive ihm selbst – war. Eben- so wurde deutlich, dass die eigene Wahr- nehmung in Bezug auf das Zusammenspiel in der Praxis deutlich besser wahrgenom- men wurde als dies aus Mitarbeitersicht tatsächlich der Fall war. Die Folge der Ana- lyse war die Trennung von einer angestell- ten Zahnärztin, ein ernstes Kritikgespräch mit dem Techniker sowie eine Überarbei- tung seines Arbeitsvertrages. Es wurden Regeln für konstruktives Feedback im Team etabliert und wöchentliche Jour-Fix- Termine mit klaren Kommunikationsregeln definiert. Zudem wurde eine Hierarchie in die Praxisstruktur eingezogen, so dass nun im Zwiegespräch Managementsitzungen stattfanden. Das Delegieren erfolgte nun an die Praxismanagerin, die wiederum für die entsprechende Kommunikation mit dem Team verantworlich war. Mit diesem Schritt konnte Führung gelebt werden und echte Harmonie entstehen. Unschwer ist zu erkennen, wie die Wahr- nehmung des Vorgesetzten bei einem ho- hen Anerkennungsmotiv den Umgang mit den Mitarbeitern beziehungsweise auch den gesamten Praxisbetrieb beeinflussen kann. Hat nun aber ein Mitarbeiter ein ho- hes Anerkennungsmotiv kann dies ebenso für Unruhe sorgen. Schnell ist die Gleich- heit im Team gefährdet, wenn ein Ange- stellter zu viel Aufmerksamkeit für sich in Anspruch nimmt. Ebenso ist es möglich, dass sich der Mitarbeiter rasch unverstan- den fühlt oder dass das restliche Team durch die hohe Verletzbarkeit eines Ein- zelnen gestresst wird. Je nach Ausprägung könnte der Mitarbeiter aber auch – eine falsche – Harmonie ausstrahlen und bei einer überhasteten Kündigung ein verwirr- tes Team zurücklassen. Beispiel „Struktur“ In einem anderen Fall waren zwei Praxis- partnerinnen miteinander unglücklich. Kleine Querelen schaukelten sich zuneh- mend auf, was sich zwangsläufig immer mehr auf das Team übertrug. Bei der Analyse stellte sich heraus, dass eine Pra- xispartnerin sehr hohe Werte im Bereich Einfluss, Autonomie und Struktur hatte. Selbstbild und Fremdbild stimmten zu- nächst nicht überein. Sie erkannte, dass sie eine autonome Einzelgängerin war und eine Einzelpraxis mit einem sehr struktu- rierten Praxismanagement schon immer ihr Betätigungsfeld der Wahl gewesen wäre. Es konnte herausgearbeitet werden, dass nicht zwangsläufig die Beteiligten schuld an retrospektiven Problemen gewesen wa- ren, sondern dass das selbst geschaffene Umfeld seinen Teil dazu beigetragen hatte. Ihr wurde klar, warum sie häufig unerfüll- bare Anforderungen an die Praxispartnerin und die Mitarbeiter stellte, um sie dann letzten Endes frustriert selbst zu erledigen. Menschen mit einen hohen Einfluss- und Struktur-Motiv neigen zur Kontrolle. Per- sonen mit der Kombination von hohem Einfluss und hoher Autonomie tendieren zu einsamen Entscheidungsfindungen. Missverständnisse und Probleme im Team waren damit vorprogrammiert. Ihre Kon- klusion aus der Analyse war, sich durch einen frühen Vorruhestand sukzessive aus dem operativen Geschäft zurückzuziehen und sich mehr um die Administration zu kümmern – zum Wohle aller. Eine ande- re Lösung wäre eine klare Verteilung von Kompetenzen und Übertragung von Ver- antwortung an Mitarbeiter gewesen, die im Bereich Struktur und Einfluss Schritt halten können. Das Verständnis für die Andersartigkeit der Teammitglieder war nach der Analyse gegeben. Wertschätzung konnte entstehen. Wer eignet sich wofür? Hat man einen Mitarbeiter mit einem ho- hen Sozialkontakt- oder Familienmotiv, wird sich dieser voraussichtlich für den Empfang oder in der Patientenbetreuung eignen. Ein hohes Motiv im Bereich Struk- tur könnte hilfreich in den Abteilungen OP, Abrechnung, Hygiene oder der Praxisor- ganisation sein. Ein idealer Praxismanager könnte hohe Ausprägungen im Bereich Einfluss und Neugier sowie mittlere Aus- prägungen im Bereich Anerkennung und Autonomie aufweisen. Es ist somit sehr hilfreich, zu erkennen, ob sich ein Mitarbeiter überhaupt in der rich- tigen Position befindet oder ein Wunsch nach Veränderung besteht und welche Unterstützungsmaßnahmen ein Mitarbei- ter benötigt, um die gestellten Anforde- rungen adäquat erfüllen zu können. Gleiches mit Gleichem Wenn die jeweiligen Motivausprägungen zweier Persönlichkeiten passen, versteht man sich intuitiv. Dies ist jedoch in den seltensten Fällen so. Ist beispielsweise der eigene Neugierdewert eher niedrig, wird verstärkt das praktische Tun und nicht die kontinuierliche Fortbildung im Vorder- grund stehen. Hat man einen Mitarbeiter mit einem hohen Neugierdewert, kann die Fortbildungswilligkeit desillusionierend für beide Parteien sein – Missverständnisse entstehen. Umgekehrt kann dies ebenso frustrierend sein, wenn man als Chef auf kontinuierliche Weiterbildung setzt und mit gutem Beispiel vorangeht, während der Mitarbeiter lieber an Bewährtem fest- hält, wenig interessiert an Weiterbildun- gen teilnimmt oder gar keine Bereitschaft zeigt, Freizeit für eine Fortbildung zu inves- tieren. Eine gute Qualifizierung sollte frei- lich Standard in jeder Praxis sein. Die Frage ist aber: Wer von den Mitarbeitern hat das Potential und auch den Wunsch, gefördert zu werden und wer wird darauf gegebe- nenfalls mit Loyalität reagieren. Um eine Praxis auf einem kontinuierlich hohen Niveau zu halten, sind ein harmo- nisches Betriebsklima und eine vertrau- ensvolle Unternehmenskultur unerlässlich. Eine gelungene Kommunikation ist die Ba- sis sowohl hierfür als auch für Gesundheit, Freude und Motivation am Arbeitsplatz. Diese Faktoren sind entscheidend für das Wohlbefinden des gesamten Praxisteams und sie erleichtern den Praxisalltag im- mens. Umso wichtiger ist es, in die Res- source Mensch zu investieren. Es geht folglich nicht nur um die aktive Führung der Mitarbeiter, sondern auch darum, Füh- rungsqualität und -effektivität zu optimie- ren, um den Unternehmenserfolg geplant zu gestalten. Aus diesem Grund sollte die Persönlichkeitsdiagnostik bereits bei der Einstellung von Mitarbeitern ein wichtiges Thema sein. Um das Thema Führung und Mitarbeiter- einschätzung zu vervollständigen, werde ich im nächsten Artikel das Thema „Füh- rungsfehler“ näher beleuchten. Andrea Stix, M.Sc., MBA Beratung für Kommunikationsstrategie und Praxismarketing Syst. Business Coach, Reiss-Profile-Master, NLP Coach VERANSTALTUNGEN 39 Persönlichkeitsprofil Status Einfluss Soziale Anerkennung Neugier Besitzen Autonomie Sozialkontakte Prinzipien Soziales Engagement Struktur Sicherheit Revanche Bewegung Essensgenuss Familie Sinnlichkeit Status Einfluss Soziale Anerkennung Neugier Besitzen Autonomie Sozialkontakte Prinzipien Soziales Engagement Struktur Sicherheit Revanche Bewegung Essensgenuss Familie Sinnlichkeit 0 0 1 -1 -3 -2 2 3 34% 14% 2% 34% 14% 2% Neutral Hoch Niedrig 0 0 1 -1 -3 -2 2 3 2,7 1,6 1,5 -2,0 -0,4 -0,5 -1,5 1,4 0,5 0,7 0,8 1,4 0,9 1,9 -2,0 0,9 Persönlichkeitsprofil Status Einfluss Soziale Anerkennung Neugier Besitzen Autonomie Sozialkontakte Prinzipien Soziales Engagement Struktur Sicherheit Revanche Bewegung Essensgenuss Familie Sinnlichkeit Status Einfluss Soziale Anerkennung Neugier Besitzen Autonomie Sozialkontakte Prinzipien Soziales Engagement Struktur Sicherheit Revanche Bewegung Essensgenuss Familie Sinnlichkeit 0 0 1 -1 -3 -2 2 3 34% 14% 2% 34% 14% 2% Neutral Hoch Niedrig 0 0 1 -1 -3 -2 2 3 2,7 1,6 1,5 -2,0 -0,4 -0,5 -1,5 1,4 0,5 0,7 0,8 1,4 0,9 1,9 -2,0 0,9
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