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logo 43 • das CAMLOG Partner-Magazin • Dezember 2018 logo 43 • das CAMLOG Partner-Magazin • Dezember 2018 16 17 PD Dr. Gerhard Iglhaut, Memmingen DIE IMPLANTATÄSTHETIK DAS ZUSAMMENSPIEL DER SUPRAKONSTRUKTION UND DES WEICHGEWEBES Abb. 1: Die Ausgangssituation zeigte entzündliches Gewebe in der Oberkiefer- frontzahnregion. Abb. 3: Das DVT zeigte unter Anderem eine deutliche apikale Resorption der Zahnwurzel 11 und apikale Beherdungen an allen drei Frontzähnen. Eine wichtige Schnittstelle implantatprothetischer Versorgungen in der ästhetischen Region ist das Durch- trittsprofil der Suprastruktur. Für eine langzeitstabile Rekonstruktion ist deshalb neben der korrekten Im- plantatpositionierung, ein ausreichend und anatomisch geformter Kieferknochen ebenso essentiell wie eine dicke, befestigte Gingiva – sowohl aus ästhetischer als auch biologischer Sicht. In der nachfolgenden klini- schen Fallpräsentation wird ein Behandlungskonzept nach Frontzahntrauma mit Sofortimplantation sowie Hart- und Weichgewebsaugmentation beschrieben [1]. Die Sofortimplantation stellt speziell in der ästhetischen Zone eine Herausforderung für das behandelnde Team dar. Trotz hoher Überlebensraten ist das Risiko postopera- tiver Komplikationen jedoch relativ hoch [2]. Ursache ist eine Resorption des periim- plantären Hartgewebes und nachfolgende bukkale Rezession des Weichgewebes. Dies führt häufig zur Exposition von Titanober- flächen und folglich zu erheblichen ästhe- tischen Beeinträchtigungen. Diese Defekte sind zudem nur schwer zu korrigieren. Ein vorausschauendes Behandlungsprotokoll unter Berücksichtigung der biologischen Umbauprozesse ist für die Rekonstruktion beziehungsweise den Erhalt stabiler peri- implantärer Gewebe unabdingbar. Die Patientenanamnese Im Januar 2015 stellte sich ein 49-jähriger Mann mit Beschwerden im Bereich der Oberkieferfront in der Praxis vor. Er berich- tete, dass er vor über 20 Jahren verunfallt war und sich ein Trauma in der Frontzahn- region zugezogen hatte. Die Frontzähne 12 und 21 wurden alio loco endodontisch behandelt und mit Stiftaufbauten und Keramikverblendkronen versorgt. In der Folgezeit wurden beide Zähne mehrfach reseziert. Bei der intraoralen Befunderhe- bung konnte eine Lockerung der Zähne 12,11 und 21 festgestellt werden. Im DVT zeigten sich intakte Alveolen an 12 und 21, partieller Knochenverlust der fazialen Lamelle in regio 11 sowie eine deutliche apikale Resorption der Zahnwurzel 11. Alle drei Frontzähne wiesen apikale Beherdun- gen auf (Abb. 1 bis 6). Die Therapieplanung Die Prognose für eine Erhaltungswürdig- keit der o. g. Frontzähne wurde als sehr ungünstig beurteilt. Folglich ergab sich die Indikation für die Extraktion der Zähne 11, 12 und 21. Aus ästhetischen Gründen wurde eine Brückenrekonstruktion auf zwei Implantaten in regio 12 und 21 ge- plant. Die Therapie einer Sofortimplantati- on wurde gewählt, um der natürlichen Al- veolenheilung, bei der es zur Abflachung der Interdentalpapillen sowie der fazialen Kontur des Alveolarfortsatzes kommen kann, entgegenzuwirken. Unter Berück- sichtigung der biologischen Umbaupro- zesse und einer adäquaten Hart- und Weichgewebsaugmentation ist ein ästhe- tisches Ergebnis vorausschauend planbar. Bei drei Implantaten wäre der erforderliche Mindestabstand von 4 mm zwischen den Implantaten (Ø 3,8 mm) nicht gegeben. Neben der Höhe des Alveolarknochens ist die Dicke der vestibulären Lamelle Vo- raussetzung zur Schaffung eines idealen Emergenzprofils. Ebenso unterstützt und stabilisiert der Knochen den harmonischen Verlauf des Gingivaprofils – das Kriterium für den langfristigen Erfolg einer ästheti- schen Rekonstruktion. Zum Erhalt der Ästhetik ist die Positionie- rung der Implantate ebenso entscheidend wie die Beachtung der biologischen Fak- toren. Für eine ausreichende Stabilität der PRAXISFALL Abb. 2: Bei der intraoralen Befunderhebung wurde die Locker-ung der mehrfach resezierten Frontzähne 11, 21 und 22 festgestellt. bukkalen Knochenwand sollte der zirkulä- re Knochen im Bereich des Implantathalses zirka 2 mm dick ausgebildet oder erhalten werden. Aus diesem Grunde ist es erfor- derlich, die Implantatposition in der sagit- talen Dimension nach palatinal zu orientie- ren und zwischen fazialer Knochenwand und bukkalem Implantathals eine Distanz von ca. 2 mm [3;4] („Jumping distance“) auf zu bauen. Mit modernen Knochen- ersatzmaterialen sollte der Hohlraum zwischen Implantat und Knochenlamelle aufgefüllt werden, um eine sichere Spalt- füllung mit Knochen zu gewährleisten. Implantatchirurgischer Eingriff Zur Vermeidung postoperativer Wundin- fektionen wurde der Patient präoperativ antibiotisch abgedeckt. Die Prävention erfolgte eine Woche lang dreimal täglich mit 1000 mg Amoxicillin. Zunächst wur- den die Zähne unter Erhalt der knöcher- nen Strukturen mithilfe eines Periotoms schonend entfernt und die Alveolen mit einer Knochenkürette von entzündlichen Geweberesten gereinigt. Die Implantatpo- sitionierung erfolgte unter Zuhilfenahme des 3D-Implantat-Positionierungssystem [5]. Für den Erhalt der bukkalen Knochen- wand wurde die sagittale Orientierung nach palatinal ausgerichtet. Die vertika- le Positionierung ist vom bukkalen Kno- chrandniveau und der Implantathardware abhängig und wird durch Messung der biologischen Breite am Nachbarzahn be- stimmt. Die Distanz des Gingivasaums zum Knochen betrug jeweils 3 mm. Die Aus- dehnungen der Hülsen entsprechen den gängigsten Implantatdurchmessern (3,3; 3,8 und 4,3 mm), berücksichtigen den be- nötigten Abstand zum Nachbarzahn von 2 mm beziehungsweise zwischen zwei Implantaten von 4 mm. Zunächst wurden die Implantatpositionen in regio 12 und 21 bestimmt, indem die 2 mm Extensi- on der Hülse an die bukkale Wand der Alveole gesetzt wurde (Abb. 7 und 8). Die Pilotbohrungen für die exakte 3D- Ausrichtung erfolgte zentral durch die Hülse. Mit entsprechenden Systembohrern wurden die Implantatlager zur Insertion von zwei Implantaten (Tapered Internal Im- plantat Ø 3.8 mm/L 11 mm, BioHorizons, Birmingham, AL) aufbereitet. Die Implan- tate wurden primärstabil eingesetzt und die „Jumping Distance“ von ca. 2 mm zur Stabilisierung der Knochenwand mit bovi- nem Knochenersatzmaterial (MinerOss ® X Granulat/BioHorizons) aufgefüllt. Die anschließende Augmentation des Al- veolarknochens in regio 11 wurde zur Re- konstruktion der bukkalen Wand mit dem Alveolarprotektor (KLS Martin, Tuttlingen) durchgeführt. Die Form des Protektors aus resorbierbarem Poly-D-L-Lactid ermöglicht den dreidimensionalen Aufbau des Kiefer- kammes in einem minimalinvasiven Proce- dere [6]. Der Protektor ist formstabil, nach zirka 4 Monaten beginnt der Abbaupro- zess. Der Knochenaufbau ist unabdingbar zur Schaffung eines anatomisch geform- ten Kieferkamms und dem Erhalt einer natürlichen mukogingivalen Grenze. Nach der minimalinvasiven Präparation eines Mukoperiostlappens wurde der Alveoar- protektor in die präparierte Tasche gescho- ben (Abb. 9). Dank dieser Lappenbildung konnte der Protektor exakt eingebracht werden, so dass die systeminhärente Fixa- tion durch einen Pin mit dem Ultraschall (Sonic Weld) unnötig wurde. Die Augmentation erfolgte mit MinerOss X (BioHorizons). Das Knochenersatzmate- rial eignet sich sehr gut für das Alveolen- Management. Es lässt sich bei einer Parti- kelgröße von 250 bis 1000 μm einfach in die Defektstelle einbringen. Die bimodale Porenstruktur führt zu einer schnellen Blut- Abb. 4: Die Alveolen an 12 und 21waren intakt, jedoch war an der fazialen Lamelle in regio 11 ein partieller Knochenverlust erkennbar. Abb. 5: Im Schnittbild von Zahn 21 zeigte sich überstopftes Wurzelfüllmaterial und die frakturierte Wurzelspitze. Abb. 6: Im Schnittbild ist der Verlust der fazialen Lamelle und Wurzelresorption des Zahnes 11 erkennbar. Abb. 7: Nach der schonenden Extraktion der Zähne wurden die Implantatpositionen unter Zuhilfenahme des 3-D-Implantat-Postitionierungssystems bestimmt. Abb. 9: Zur Schaffung eines anatomisch ausge- formten Kieferkamms wurde ein Alveolarprotektor in die präparierte Mukoperiosttasche geschoben. Abb. 8: Zur Erhaltung der bukkalen Knochenwand wurde die sagitale Orientierung der Implantate nach palatinal ausgerichtet. PRAXISFALL

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