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logo 43 • das CAMLOG Partner-Magazin • Dezember 2018 logo 43 • das CAMLOG Partner-Magazin • Dezember 2018 22 23 Dr. Amely Hartmann, Dr. Marcus Seiler MSc. MSc., beide Filderstadt, Dr. Silke Stuff , Pforzheim REKONSTRUKTION EINES DREIDIMENSIONALEN KNOCHENDEFEKTES MIT PATIENTENSPEZIFISCHEM CAD/CAM-TITANGITTER Abb. 1: Ausgangssituation auf dem OPG. Zahn 26 ist aufgrund einer Paro-Endo-Läsion nicht erhaltungswürdig. Digitale Workflows in Implantologie, Chirurgie und Prothetik haben heute Einzug in vielen Zahnarztpraxen gehalten. Deutlich wird auch die wissenschaftliche Aktualität und Relevanz dieses Forschungsfeldes, wenn man die Zahl der kürzlich hierzu erschienen Publikationen betrachtet [1-4]. In vorliegendem Fallbericht soll ein chirur- gischer digitaler Workflow beschrieben werden, bei dem ein implantatprothetischer Einzelzahnersatz mit einer individuellen Knochenrekonstruktion durchgeführt wird. Es werden klinische und radiologische Ergebnisse nach 2 Jahren präsentiert. Der Trend zur individualisierten (Zahn-) Medizin ermöglicht patientenspezifische Therapiekonzepte fernab konfektionier- ter Formteile und Vorgehensweisen. Es werden therapeutische Maßnahmen auf der Basis von Computer Aided Design/ Computer Aided Manufacturing (CAD/ CAM) - Technologien und 3-Dimensio- nalem (3D-) Drucken angeboten. Hierzu zählen auch patientenspezifische Titan- gitter [5-7], die im Zuge von chirurgischen Knochenaugmentationen zum Einsatz kommen. Generell soll durch die damit verbundenen digitalen Workflows die Eingriffszeit verkürzt werden. Möglich ist dies, da eine Simulation des Eingriffes im Vorfeld virtuell am Rechner stattfindet. Die dreidimensionale Implantatposition und prothetische Versorgung ist hierbei Teil der initialen Planung. Ebenso wird die Kontur des Gitters digital so konstruiert, dass der Knochen später an prothetisch idealer, im Sinne des Backward-plannings errechne- ten Position aufgebaut wird. Studien ge- ben an, dass das intraoperative Vorbiegen wie bei konfektionierten Meshes entfällt und so die Komorbidität des Patienten durch einen schnelleren Eingriff reduziert ist [5, 8]. Wirkprinzip ist, dass das zu aug- mentierende Lumen gestützt und somit ein Weichgewebekollaps vermieden wird. Knochentransplantate, die durch Titanme- shes geschützt sind, weisen signifikant ge- ringere Knochenresorptionen auf [9]. Einsatzgebiete für individuelle Titangitter sind alle Kieferdefektformen; vor allem ausgeprägte vertikale und dreidimensi- onale Rekonstruktionen [10]. Klassische Alternativen für eine vertikale Rekonst- ruktion wären die Segmentosteotomie, onlay-Technik, Distraktionsosteogenese oder die Blockaugmentation [11, 12]. Rein transversale Defizite lassen sich durch die Ridge-Splitting-Technik kompensieren, klassischerweise durch die Membrantech- nik einer Guided Bone Regeneration (GBR), oder den Einsatz von Blockaugmentationen [13]. Dreidimensionale Defekte können ebenso über Blockaugmentationen oder Interpositionsplastiken versorgt werden. Die autologen Blöcke werden hierbei aus intra- und extraoral befindlichen Donor- stellen gewonnen. Über ein Remodelling des Knochens ist eine Transplantatresorpti- on zu erwarten. Dieses Wissen erfordert in der Planung eine deutliche Überkonturie- rung, da ein Abschmelzen eines Teils des Transplantes zu erwarten ist. Eine erhöhte Morbidität des Patienten durch eine grö- ßere Entnahmestelle kann daraus resultie- ren ebenso wie ein erschwertes Weichge- websmanagement an der Empfängerstelle. Patientenfall Die 44-jährige Patientin stellte sich erst- malig am 03.02.2015 mit Beschwerden in regio 26 vor. Allgemeinanamnestisch gab die Patientin keine Auffälligkeiten an. Sie sei Nichtraucherin. Bei Erhebung der zahnärztlichen Anamnese zeigte sich der Zahn 26 nicht erhaltungswürdig (Abb. 1) aufgrund einer Paro-Endo-Läsion mit buk- kaler Fistelung und putrider Sekretion. Die zirkuläre Taschentiefenmessung ergab 6/10/10/10/12/4. Die Nachbarzähne waren vital und nicht parodontal vorgeschädigt. Als zukünftige Versorgung wünschte die Patientin eine festsitzende, implantologi- sche-prothetische Rehabilitation mit einer Einzelzahnkrone. Die konventionelle Brü- ckenversorgung wurde als Behandlungs- alternative von der Patientin abgelehnt. Die Patientin befand sich im PZR-Recall der überweisenden Hauszahnarztpraxis. Nach erfolgter atraumatischer Extraktion am 06.02.2015 resultierte eine Schaltlücke mit dreidimensionalem; vor allem vertika- len Knochendefizit (Abb.2). Prothetisch zwischenversorgt wurde die Patientin von der Hauszahnarztpraxis mit einer Walplast- Interimsprothese. In situ präsentierte sich die weichgewebliche Situation reizfrei und ohne Narben (Abb.3). Planung Als Grundlage für die weitere implanto- logische Therapie erfolgte ergänzend zur klinischen Diagnostik die Anfertigung einer Digitalen Volumen Tomographie (DVT). Der Knochendefekt stellt sich auch hier ausgeprägt dar (Abb.4) , so dass eine transversale und auch vertikale Augmen- tation eingeplant werden musste. Diese sollte mittels eines individuell gefertigten Titangitters erfolgen. Geplant wurde ein einzeitiges Vorgehen. Die Kompensation des Volumendefizits sollte für die späte- re prothetische Versorgung rein additiv in Richtung Mundhöhle erfolgen; ein Sinus- lift sowie ein zweitzeitiges Vorgehen um- gangen werden (Abb.5) . Die Insertion des individuellen Gitters über dem Implantat würde zum einen den benötigten Raum mechanischer Ruhe für die Knochenhei- lung schaffen. Zum anderen würde das benötigte Augmentationsvolumen fixiert werden. Ebenso sollte eine leichte Über- konturierung des Defektes stattfinden. Mit den DICOM-Daten (Digital Imaging and Communications in Medicine) des DVTs wurde ein digitales 3D-Modell des Defektes erstellt. Auf Basis des virtuellen Modells konnte ein patientenspezifisches Gitter (Yxoss ® , ReOSS) designed werden (Abb. 6 und 7) , das nach Abstimmung mit der Behandlerin in 3D gedruckt wurde (Abb. 8 und 9) . Ergänzend dazu wurde virtuell und ana- log eine Modellanalyse durchgeführt. Es erfolgte ein analoges Set-up des Zahnes 26 zur Bestimmung der dreidimensionalen Lage des Implantates. Dazu wurde für die präzise virtuelle Planung eine Röntgen- schiene hergestellt. Diese konnte später als Operationsschiene weiterverwendet werden. Operationstechnik In Lokalanästhesie (Ultracain DS Forte, Hoechst, Deutschland) wurde ein leicht nach palatinal versetzter Schnitt Regio 25-28 durchgeführt. Er erfolgte ohne me- siale Entlastung und papillenerhaltend im anterioren Bereich. Die Entlastung wurde vestibulär im retromolaren Bereich durch- Abb. 3: Klinische, abgeheilte Situation drei Monate nach der Extraktion. Es zeigt sich von okklusal nur ein leichtes transversales Defizit. Abb. 4: Das virtuelle 3D-Modell zur implantolo- gischen Planung bestätigt die Defektsituation. Nebenbefundlich ist an Zahn 24 eine restapikale Ostitis erkennbar. Abb. 5: Planung der korrekten Implantatposition nach pro- thetisch stimmigem Implantat-Kronen-Verhältnis und nötigem Augmentationsbereich. Abb. 6: 3D-Darstellung des auf Basis des DICOM- Datensatzes geplanten Meshes von Lateral. PRAXISFALL PRAXISFALL Abb. 2: Radiologisch ist ein ausgeprägter vertikaler Defekt in Regio 26 erkennbar. Abb. 7: Die 3D-Darstellung von okklusal. Abb. 9: 3D-gedrucktes Titangitter (Yxoss CBR, ReOSS, Filderstadt) nach Sterilisation von basal. Abb. 8: 3D-gedrucktes Titangitter (Yxoss CBR, ReOSS, Filderstadt) nach Sterilisation von lateral.
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