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logo 43 • das CAMLOG Partner-Magazin • Dezember 2018 logo 43 • das CAMLOG Partner-Magazin • Dezember 2018 Beispiel I Eine Mitarbeiterin (A), die beim Aufbau der Praxis geholfen hat und sich bereits viele Jahre engagiert, erhält – auch unbewusst aufgrund der freundschaftlichen Verbin- dung zum Praxis-Inhaber kontinuierlich schöne und wirkungsvolle Aufgaben übertragen, mit denen sie sich profilieren kann. Eine neuere Mitarbeiterin (B), die bei manchen dieser Aufgaben eine deutlich größere Expertise hat, wird nicht gefragt. Die Mitarbeiterin B fühlt sich übergangen und nicht wertgeschätzt; Missstimmung entsteht. Während ihrer Meinung nach die Mitarbeiterin A auf ein Podest geho- ben wird, fühlt sie sich degradiert. Die Bereitschaft zur Leistung bei Mitarbeite- rin B sinkt; sie hat keine Lust mehr sich einzubringen. Das Verhältnis von B zu A wird nun von Ablehnung überschattet. A hat das Gefühl, dass ihr diese Tätigkeiten selbstredend zustehen würden, bezieht die Ablehnung auf die eigene Person anstatt auf die Situation und zeigt sich irritiert. Der Chef ist ratlos und gibt seinem Team die Schuld für die Befindlich- keiten und trägt A und B auf, sich auszusprechen. Dass dies nicht zielfüh- rend sein kann, wird bei der Betrachtung der Sys- temischen Grundsätze deutlich: Nicht die Mit- arbeiter haben unterein- ander die Pflicht hier ein- zugreifen, sondern der Vorgesetzte, da er auch der Auslöser war. Fakt ist: Eine lange Zugehörigkeit zur Pra- xis bemächtigt nicht zu größeren Rechten, muss aber dennoch wertgeschätzt wer- den, da das System dem Mitarbeiter zu Teilen seine Existenz verdankt. Die höhere Leistung, ein größeres Wissen und beson- dere Fähigkeiten müssen jedoch Vorrang haben (4. Prinzip). Aus systemischer Sicht hätte die Verteilung der Aufgaben im Team aufgrund der Expertise erfolgen und diese Entscheidung auch klar formuliert werden müssen. Wenn Mitarbeiterin B entspre- chend ihrer Fähigkeiten gewürdigt wird, kann auch wieder Augenhöhe entstehen. Andere Aufgaben, die das fachliche Know- how nicht explizit betreffen, sollten freilich an den Dienstälteren übertragen werden. Mitarbeiterin A würde damit aufgrund ih- rer langen Zugehörigkeit anerkannt. Beid- seitiger Respekt und Wertschätzung kön- nen wieder entstehen. Beispiel II Bei der Neugründung helfen die Mitarbei- ter A und B sehr tatkräftig und über ein normales Maß hinaus mit. Jahre später wird eine neue Mitarbeiterin (C) einge- stellt. Nach Kurzem fragt C, ob ihr eine teure und sehr hochwertige Weiterbildung bewilligt wird, die ihr auch eine höhere Po- sition in der Praxis ermöglicht. Die Praxis- Chefin nimmt ihre Mitarbeiterinnen A und B zur Seite und fragt, ob sie etwas dage- gen hätten. Niemand meldet sich zu Wort und die Mitarbeiterin C erhält die Zusage. Nach einer Weile fällt auf, dass Absenzen gehäuft auftreten. Die neue Mitarbeiterin C wird bei diversen Dingen von den Mitar- beiterinnen A und B ausgeschlossen, Mob- bing-Tendenzen sind zu spüren. Aus systemischer Sicht wurden hier mehrere Prinzipi- en verletzt: Da die Mitarbeiterinnen A, B und C eine ähnliche Qualifikation ha- ben, gilt das „Recht auf Anerkennung der zeitlichen Reihenfolge“ sowie das „Recht auf Anerkennung des höheren Einsatzes für das Ganze“. Nach dem Verständnis der Mitarbeiter A und B wäre zuerst ihnen aufgrund der langen Zugehörigkeit und ihres Engage- ments eine Weiterbildung zugestanden. Zu pikiert ob der Frage, schwiegen jedoch beide. Sie empfanden diese Entscheidung als Affront gegen sich selbst. Damit wurde das Ausgleichsprinzip verletzt: Der Schuld- ner hat ein Recht auf Mahnung. Die Mit- arbeiterinnen A und B hätten ihren Miss- mut unter vier, bzw. sechs Augen äußern müssen. Die gefühlte Kränkung schlug in Frustration um und nun sind tiefe Graben- kämpfe und Dienst nach Vorschrift die Folge. Es entstand das unklare Gefühl, dass man sich noch so sehr anstrengen kann, aber dies weder gesehen, noch honoriert wird. Hätte die Ärztin ihr Team nicht einmal per- sönlich informiert, sondern dies der Mitar- beiterin C oder sogar dem Zufall überlas- sen, wann die Mitarbeiterinnen A und B von der Förderung erfahren hätten, wären noch heftigere Reaktionen, wie zum Bei- spiel eine Kündigung nicht auszuschließen gewesen. Die Lösung aus systemischer Sicht wäre, die Mitarbeiterin C um Zeit für die Ent- scheidung zu bitten und im Anschluss die Mitarbeiterinnen A und B die Anfrage zu schildern und das Thema Weiterbildung und die damit verbundenen Aufstiegs- chancen in der Praxis generell auf den Tisch zu bringen. Ggf. bestehen ganz andere Wünsche und Interessen, die es jedoch zu erfragen gilt. Nach einer diesbe- züglichen Entscheidung kann im gesamten Team offen über die Thematik gesprochen werden. Wertschätzung kann dann zu al- len Seiten entstehen. Es sollte das Ziel jeden Unternehmens sein, die Leistungsfähigkeit und die Zufrieden- heit der Mitarbeiter auf einem dauerhaft hohen Niveau zu halten. Aber gutes Lea- dership ist eben mehr als die Vermeidung von Fehlern, denn die Beachtung der Sys- temischen Grundsätze spielen hierbei eine ebenso große Rolle in Bezug auf die Be- findlichkeiten im Team. Zwar gibt es nicht für jede Situation die passende systemische Lösung; Kenntnisse über die Systemischen Prinzipien helfen jedoch vorhersehbarem Konfliktpotential professionell zu begeg- nen und Missstimmungen so gering wie möglich zu halten. Da ich mich in den letzten beiden Arti- keln mit Konflikten und Führungsfehlern beschäftigt habe, werde ich mich in der folgenden logo-Ausgabe dem Thema Mo- tivation widmen. PRAXISMANAGEMENT 41 Andrea Stix, M.Sc., MBA Beratung für Kommunikationsstrategie und Praxismarketing Coach, NLP-Master, Spezialistin für Persönlichkeitsdiagnostik 40 PRAXISMANAGEMENT DIE SYSTEMISCHEN AUSGLEICHSPRINZIPIEN: • Der Ausgleich im Guten sollte ein vermehrter sein Wer zum Beispiel gut arbeitet, sollte dafür auch Anerkennung bekommen. • Der Ausgleich im Üblen sollte ein verminderter sein Beispielsweise fördert eine fehlerfreundliche Unternehmenskultur gute Leistungen. Mitarbeiter, die ständig Angst vor Fehlern haben, werden ihr Potential nicht ausleben können. • Ein allzu exakter Ausgleich sollte vermieden werden Kleinliches Aufrechnen verhindert generell gute Beziehungen. • Der „Schuldner“ hat ein Recht auf Mahnung Wenn ein Missstand erkannt wird, ist eine Kommunikation über Verbesserungswünsche elementar. • Der „Gläubiger“ wird schuldig am „Schuldner“, wenn er ihm die Mahnung verweigert Wer zu unangenehmen Ereignissen schweigt, macht sich mitschuldig! • Der Ausgleich des „Schuldners“ muss in der Währung des Gläubigers erfolgen Hier ist die Frage zu klären, wie die Wiedergutmachung erfolgen soll. Hat beispielsweise ein Mitarbeiter viele Überstunden gemacht und der Praxisinhaber möchte seine Wertschätzung in Form einer Weiterbildung honorieren, kann es durchaus sein, dass der Mitarbeiter ablehnt. Der Vorgesetzte könnte dann Undankbarkeit empfinden und der Mitarbeiter Verständnislosigkeit. Die Fronten verhärten sich. Da die fünf Systemischen Prinzipien auf den jeweils vorherigen aufbauen, wird schnell deutlich, dass die Einhaltung der Reihenfolge essentiell ist.

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