Dental Magazin Sonderdruck, Dr. Karl-Ludwig Ackermann

DENTAL MAGAZIN [ 5 ] SCHÄR: Einteilige Implantate verlangen vom implantolo- gisch tätigen Zahnarzt oder Chirurgen eine präzise Planung und Implantation, weil die Achsenlage nicht mehr mit dem Abutment korrigiert werden kann. Ich kann mir nicht vor- stellen, dass ein extensives Beschleifen der einteiligen Implantate sowohl für die Primärstabilität als auch für die Osseointegration förderlich ist. Außerdem liegen die Kosten für Abutments im tiefen ein- stelligen Prozentbereich der Gesamtkosten implantatgetra- gener Restaurationen. Wir bemerken eine zunehmende Marktnachfrage nach Implantat- und Prothetiksystemen, die kostengünstigen, festsitzenden Zahnersatz ermöglichen. Einteilige Implantatsysteme sind da nur ein möglicher Lösungsansatz. BECKER: Als Anwender sind mir die Detailüberlegungen der Industrie leider nicht bekannt. Es gibt heute von meh- reren Herstellern einteilige Implantatsysteme, die in mei- ner Abteilung auch klinisch bei Bedarf eingesetzt werden. Einige einteilige Systeme sind jedoch teurer als zweiteilige Systeme. ACKERMANN: Wenn der Verlangensdruck aus der Kollegen- schaft weiter steigt, werden Hersteller darauf reagieren und ver- stärkt einteilige Implantate anbieten. Da bin ich absolut sicher! Herr Professor Becker, wann setzen Sie in Ihrer Klinik einteilige Implantate, wann raten Sie ab? BECKER: Zweiteilige Implantatsysteme erreichen ihre biome- chanischen Grenzen bei schmalen Implantatdurchmessern, die jedoch z. B. bei unteren Frontzähnen oftmals klinisch notwendig sind. Mit einteiligen Implantaten lassen sich schmalere Zahnlücken noch ästhetisch und funktionell ansprechend versorgen, so dass wir einteilige Implantatsys- teme in diesen Indikationen verwenden. Die Anwendung ist jedoch komplizierter, da eine nach- trägliche Korrektur z. B. der Achsenrichtung, wie sie bei zweiteiligen Systemen möglich ist, nur noch begrenzt umge- setzt werden kann. Auch bei Angulationen muss im Vorfeld eine sehr genaue Planung erfolgen, wobei der Ausgleich von starken Achsenneigungen begrenzt ist. Herr Dr. Ackermann, jetzt bitte klare Worte für den Praktiker: Wann sollte der niedergelassene Implantologe einteilige Implantate inserieren? ACKERMANN: Nur bei wirklich idealen Weichgewebe- und Knochenverhältnissen! In 90 bis 95 Prozent der Fälle halte ich einteilige Implantate für weniger geeignet. Individuelle Vollkeramik-Abutments setzen sich mehr und mehr durch. Wie sieht es bei den Implantaten aus? Ist das auf der letzten IDS diskutierte Thema „zweiteili- ge Vollkeramikimplantate“ vom Tisch? ACKERMANN: Schöne Frage, spannendes Thema! Keramik als Werkstoff setzt sich mehr und mehr durch, werkstoff- kundliche Defizite werden wohl sukzessive abgebaut. Aber: Die Keramikimplantate müssen sich an den materialkund- lichen und herstellungsbedingten Charakteristika der Metallimplantate messen lassen. Ich habe in der Vergangenheit mit Keramikimplantaten gearbeitet – es gab massive Probleme mit der Osseointegra- tion. Solche Komplikationen existieren nach wie vor. Inso- fern gilt es, wissenschaftliche Studien abzuwarten, wie es sie bei Titanimplantatsystemen gibt. Abb. 5: Okklusalansicht der zementierten Vollkeramik-Krone (VK) Abb. 4 : Okklusalansicht mit verschraubten Titanaufbauten Expertenzirkel – Ein Thema, drei Meinungen TITELGESCHICHTE

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