Sonderdruck 2010, Nagel F. et al.
Sonderbeilage Implantatprothetik 05/2010 REDAKTION 10 Implantatprothetische Versorgungen im zahnlosen Kiefer können herausnehmbar oder festsitzend gestaltet sein. Beide Ver- sorgungsvarianten weisen spezifische Vor- und Nachteile auf. So lassen sich mit herausnehmbarem Zahnersatz in Form von Deckprothesen ungünstige Kieferrelationen in der verti- kalen und sagittalen Dimension sehr effi- zient kompensieren. In ästhetischer und phonetischer Hinsicht können durch die individuelle Gestaltung der Prothesen- basis Vorteile, z. B. hinsichtlich der Lip- penstütze, erzielt werden. Zur Veranke- rung von herausnehmbarem Zahnersatz stehen verschiedeneVerbindungselemen- te zur Verfügung. Am häufigsten werden Doppelkronen sowie Stege verwendet. Weitere Optionen sind präfabrizierte Hal- teelemente wie Locatoren, Kugelknopf- anker oder Magnete. Für festsitzende Versorgungen werden grundsätzlich mehr Pfeiler als für heraus- nehmbaren Zahnersatz benötigt. Festsit- zender Ersatz bietet denVorteil einer prob- lemloseren Inkorporation, eines hohen Kauvermögens und einer grazilen Gestal- tung. Andererseits bestehen bei großen vertikalen Verlusten Schwierigkeiten bei der ästhetischen Gestaltung von Zähnen und bei der Unterstützung des Lippenpro- fils. Wichtig, gerade bei der Behandlung älterer Patienten, ist die deutlich aufwen- digere und schwierigere tägliche Reini- gung dieser Konstruktionen. Nicht zuletzt ist festsitzender Zahnersatz zeit- und kos- tenintensiver. Laut Konsensuskonferenz Implantologie aus dem Jahr 2002 werden verschiedene prothetische Konzepte mit entsprechen- der Implantatanzahl empfohlen. Für die Verankerung von abnehmbarem Zahner- satz werden im Oberkiefer 6 und im Un- terkiefer 4 Implantate für notwendig be- funden, festsitzender Zahnersatz erfordert im Oberkiefer 8 und im Unterkiefer 6 Im- plantate. Eine Minimalvariante für den Unterkiefer stellt, abweichend von diesen Empfehlun- gen, die Implantation von 2 Implantaten interforaminal und die anschließende prothetische Versorgung mit einem Dol- dersteg dar (Abb. 1) . Es wird ein Abstand der Implantate von 22 – 24 mm empfohlen. Die Verbin- dungslinie (Stützlinie) der Implantate darf nicht zu einer Einengung des Zun- genraumes führen. Für eine ausreichen- de Hygienefähigkeit wird ein Abstand des Steges zur Schleimhaut von 2 mm be- nötigt. Um Sollbruchstellen im Bereich der Matrize zu vermeiden, hat sich eine Metallverstärkung als vorteilhaft erwie- sen (Abb. 2) . Der Zahnersatz ist weiterhin hauptsächlich tegumental gelagert. Ro- tatorische Bewegungen bestehen, sind aber eingeschränkt. Der zahnlose Kiefer – implantologische Standardthera- pien Die prothetische Versorgung zahnloser Patienten mit konventionellen Totalprothesen stellt für einen Teil der Patienten keine zu- friedenstellende Lösung dar. Aufgrund der Alveolarkammatrophie häufen sich mit zunehmender Dauer der Zahnlosigkeit Probleme, die überwiegend in der Lageinstabilität der Prothesen begründet sind. Dafür bieten implantatprothetische Konzepte Lö- sungsansätze. Abb. 1 – Doldersteg auf 2 Implantaten interfo- raminal Abb. 2 – Eingearbeiteter Stegreiter in metall- verstärkter Deckprothese Soll die tegumentale Belastung weiter ver- ringert werden, sind 4 Implantate sinnvoll. Mit dieser Anzahl an Implantaten ist es möglich, den Zahnersatz stabiler zu ver- ankern und gegebenenfalls dessen Aus- dehnung zu reduzieren. Als prothetische Versorgung eignen sich sowohl Doppel- kronen als auch Steggeschiebe. Für Doppelkronen stehen zur Herstellung der Primärkronen unterschiedliche Mate- rialien zur Verfügung. Am häufigsten wird die Verwendung von hoch goldhaltigen Legierungen beschrieben, aber auch Ti- tan, Cobalt-Chrom-Legierungen oder ke- ramisch gefertigte Kronen sind möglich. Zur Fertigung der Sekundärkronen dient zumeinen dieGalvanotechnik, es können diese wiederum auch aus Titan oder Co- balt-Chrom-Legierungen herstellt wer- den. Ein großer Vorteil dieser Doppelkro- nen sind die einfache Handhabung und sehr gute Hygienefähigkeit. Steggeschiebe können aus verschiedenen Legierungen per Gussverfahren oder Fräs- technik hergestellt werden. Vorteile dieser Versorgung sind eine geringere flächige Belastung des Teguments, eine Stabilisie- rung der Prothesen in transversaler wie auch in sagittaler Richtung. Die Matrizen (Stegreiter) lassen sich unterschiedlich fer- tigen. Bewährt haben sich per galvani- schem Verfahren gefertigte Stegreiter auf individuell gefrästen Stegen (Abb. 3, 4) . Eine kostengünstige Variante bieten Loca- tor- oder Kugelknopfankersysteme. Sie zeichnen sich durch einfache Handha- bung undHygienefähigkeit aus. Standard- mäßig werden diese Verankerungssyste- me bei Neuanfertigungen verwendet; sie können aber auch bei einemPatientenmit vorhandener neuwertiger Totalprothese und unzureichendem Halt nach erfolgrei- cher Implantation nachträglich in den Zahnersatz eingearbeitet werden. Mit der Implantation von sechs Implanta- ten im Unterkiefer kann die Fertigung ei- nes festsitzenden, rein implantatveranker- ten Zahnersatzes ermöglicht werden. Er bietet den Vorteil eines optimalen Kauver- mögens. Wie bereits erwähnt, liegen Limi- tationen vor allem bei einer ungünstigen
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