Sonderdruck 2010, Nagel F. et al.
Sonderbeilage Implantatprothetik 05/2010 REDAKTION 12 Ausgangssituation und Zielstellung Ein Fallbeispiel führt in die Thematik ein; eine 55-jährige Patientin erscheint mit dem abgebildeten Ausgangsbefund (Abb. 1 und 2) . Die Patientin leidet an einer lang- jährigen mittelschweren Parodontitis und wünscht sich in erster Linie eine Verbesse- rung der durch Zahnkippung und Zahn- wanderung beeinträchtigten Frontzahn- ästhetik mit resultierendem Diastema mediale. Eine konventionelle prothetische Thera- pie mündet mittelfristig in einer vollpro- thetischen Versorgung. Ist das Anliegen der Patientin eine Versorgung mit festsit- zendemZahnersatz, lässt sich dieses lang- fristig nur durch eine implantologische Therapie realisieren. Keinesfalls sollte zu Beginn nur ein implantologisches Kon- zept diskutiert werden. Vielmehr ist eine Eingrenzung möglicher Versorgungskon- zepte notwendig (siehe auch vorheriger Artikel). Die Entscheidung für oder gegen eine komplexe implantologische Thera- pie hängt von vielen objektiven und sub- jektiven Faktoren ab. Neben den gut ein- schätzbaren klinischen sowie röntgeno- logischen Befunden sind der Leidens- druck und derWunsch des Patienten, aber auch die psychische und intellektuelle Konstitution (Durchhaltevermögen, Vor- stellungsvermögen) sowie der wirtschaft- liche Aspekt hervorzuheben. Um dem Pa- tienten eine Vorstellung von der geplanten Therapie zu vermitteln, sind Anschau- ungsmodelle und fotodokumentierte Bei- spielfälle unerlässlich. Im Fall der oben genannten Patientinwar die Extraktion der Zähne 11, 12, 14-17, 21, 22 und 25 vor- gesehen. Zu diesem Ausgangszeitpunkt wurde eine komplexe Therapie mit fest- sitzender Versorgung im gesamten Ober- kiefer und im4. Quadranten des Unterkie- fers angestrebt. Diagnostik und Planung Vor einer umfangreichen implantologi- schen Therapie wird eine prothetische Re- konstruktion erarbeitet, um anschließend die ermittelten Implantatpositionen mit- hilfe von Operationsschablonen chirur- gisch umzusetzen. Der hier vorgestellten dreidimensionalen Planung liegt folgendes Prinzip zugrunde: Durch eine Digitale Volumentomografie (DVT) oder eine konventionelle Computer- tomografie (CT) werden die Informationen aus dem prothetischen Set up in einen ra- diologischen 3D-Datensatz gebracht. Da- zuwird das Set upmit der vollständigenRe- konstruktion der Zahnaufstellung in den axialen, sagittalen und transversalen pro- thetischen Dimensionen in eine sogenann- te Scanprothese überführt (bariumsulfat- haltige Prothese, Abb. 3). Komplexe Implantattherapien und 3D-Planung – Ein Überblick In Zukunft werden Patienten laut Mundgesundheitsstudie IVmehr natürliche Zähne bei einem Anstieg von Parodontalerkrankun- gen imErwachsenen- und Seniorenalter aufweisen. Kommt die Erhaltungstherapie bei dieser Patientengruppe anGrenzen, ermög- lichen implantologische Versorgungen eine sehr gute Rehabilitation. Im Folgenden wird ein Überblick über die 3D-Planung und Guided surgery (schablonengeführte Chirurgie) für ein festsitzendes implantologisches Therapiekonzept gegeben. Abb. 1 – Frontalansicht des Ausgangsbefun- des bei langjähriger mittelschwerer Paro- dontitis Abb. 2 – OPG des Ausgangsbefundes Die DVT bzw. CT erfolgt mit der beim Pa- tienten eingesetzten Scanprothese. Radio- logisch werden die durch das Barium- sulfat röntgendichten Kunststoffanteile sichtbar und dadurch Zahnpositionen, Zahnachsen und indirekt auch die Schleimhautverhältnisse in Bezug zu den knöchernen Schädelstrukturen wiederge- geben. Treten schon im Set up Fehler auf, werden sich diese in den anschließenden Arbeitsschritten fortsetzen. Für eine op- timale präimplantologische Rekonstruk- tion sind deshalb Funktionsabformung, Kieferrelationsbestimmung und evtl. meh- rere Einproben sinnvoll. Zur Planung zählt aber auch, dass wesentliche Informati- onen wie Zahnform, Zahnfarbe, Kieferre- lation u. a. im natürlichen Gebiss schon vor der Extraktionstherapie aufgenommen werden. Dafür geeignet sind entsprechen- de Modelle, Silikonschlüssel und eine gu- te Fotodokumentation. Die Strahlenbelastung einer DVT wird für die hier vorgestellte Planung etwa 4- bis 6- mal höher im Vergleich zum OPG und et- wa 3- bis 4-mal niedriger als ein Schädel- CT sein (Werte können abhängig vom Gerät und der Einstellung stark variieren). Durch die sehr detaillierte räumliche Dar- stellung gerade knöcherner Strukturenmit- tels DVT stellt sie einen wesentlichen Zu- wachs an diagnostischen Informationen im Vergleich zum OPG dar. Die Risiko- Abb. 3 – Bariumsulfathaltige Scanprothese entsprechend dem Set up in situ
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