Defektregeneration – ein Casebook

38| Defektregeneration – ein Casebook Rekonstruktion des Kieferkamms und Weichgewebeverdickung bei kombinierten Knochendefekten 1. Nach einem ausführlichen Patientengespräch wünschte sich die Patientin ausdrücklich eine festsitzende Versorgung auf Implantaten im Ober- als auch im Unterkiefer. Es war ihr bewusst, dass dies mit umfassenden Knochenaufbaumaßnahmen einherging. Aus unserer Überzeugung heraus werden diese mit partikulärem Knochenersatzmaterial anstelle von autologen bzw. autogenen Knochenblöcken durchgeführt. 2. Das Knochenvolumen im Unterkiefer war aufgrund des Zahnverlust sowohl vertikal als auch horizontal reduziert. Mithilfe einer krestalen Inzision und bogenförmigen Entlastungschnitten um die natürlichen Zähne, erfolgte die Präparation eines kombinierten Mukoperiost-Mukosa-Lappens lingual und bukkal. Um das Einbluten von Zellen in die Markräume des Knochens zu fördern, wurde die Kortikalis perforiert und SonicWeld® RX-Pins eingebracht. Beim Aufbau horizontaler, vertikaler oder kombinierter Alveolarknochendefekten wird eine ausreichende Knochenbreite und -höhe angestrebt, um ein Implantat langfristig stabil zu inserieren und funktionell und ästhetisch zu versorgen. Obwohl zunächst die Hartgeweberekonstruktion im Fokus des Behandlers steht, wird schnell klar, dass das Weichgewebemanagement die größere Herausforderung darstellt. Zunächst muss das Augmentat lagestabil gegen mechanische Einflüsse geschützt und gegen einprossendes Weichgewebe abgeschirmt werden. Dann muss das Weichgewebe entsprechend mobilisiert werden können, um das neue Knochenvolumen druck- und zuglos, plastisch zu decken. Wunddehiszensen sind durch die Weichgewebemobilisierung sowie spezielle Schnitt- und Nahttechniken vermeidbar. Auch das Erzielen eines entsprechend dicken und befestigten Weichgewebes ist für die Gesunderhaltung des Alveolarknochens sowie der periimplantären Gewebestrukturen unabdingbar. Das chirurgische Konzept des Autors sieht vor, die Entnahmemorbidität bei Patienten maximal zu reduzieren. Aus diesem Grund verwendet er überwiegend xenogene und synthetische Ersatzmaterialen, die unbegrenzt verfügbar sind. Ein zusätzlicher chirurgischer Eingriff zur Gewinnung von autologem Transplantatmaterial entfällt. Durch Einbringen von partikulärem Knochenersatzmaterial in Verbindung mit resorbierbaren Membranen beträgt der horizontale und vertikale Knochenzugewinn zirka 3,7 mm [64]. Die Regeneration komplexerer Defekte, die einen höheren Knochengewinn erforderlich machen, sind mit autologen Knochenblöcken – vorwiegend aus der Retromolarenregion oder aus dem extraoralen Spenderbereich der Beckenkammregion – zu erreichen. Beide Verfahren können zusätzliche Schmerzen verursachen und zu postoperativen Komplikationen führen. Eine weitere Option ist der Einsatz allogener oder xenogener Knochenblöcke, eventuell individuell im CAD/ CAM-Verfahren erstellt. Aufgrund einer erhöhten Komplikations- und Resorptionsrate der allogenen Knochenblöcke sowie einer Kosten-Nutzenanalyse, kommt diese Therapieoption im Praxiskonzept nicht zum Einsatz. Die Stabilisierung des partikulären Knochenersatzmaterials zur Rekonstruktion umfassender dreidimensionaler Kieferkammdefekte kann mithilfe einer speziellen Schalentechnik erfolgen. Im beschriebenen Patientenfall wird der Knochenaufbau in Anlehnung an die Khoury-Technik mit dem SonicWeld Rx® System [35] und MinerOss XP vorgestellt. Die Schalen aus formbarem biodegradierbarem Polymer PDLLA können dem anatomischen Situs angepasst und mithilfe von Pins und Ultraschallenergie fixiert werden. Die Schalen übernehmen eine containerähnliche Funktion und halten das partikuläre Material lagestabil. Um Wunddehiszenzen zu vermeiden, wird der OP-Bereich mit langsam resorbierbaren Kollagenmembranen oder der NovoMatrix abgedeckt. » Die richtige Wahl für eine effiziente chirurgische Rekonstruktionstechnik bei ausgeprägten horizontalen, vertikalen oder kombinierten Alveolarknochendefekten stellt eine große Herausforderung in der Implantattherapie dar. Extremer Knochenverlust und besondere anatomische Gegebenheiten erfordern ein zweizeitiges Vorgehen. Die primärstabile und nach prothetischen Kriterien korrekt orientierte Implantatinsertion erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt in einen dann ausreichend hohen und breiten sowie volumenstabilen Knochen. [62,63] ~ PD Dr. Gerhard Iglhaut Indikation: Rekonstruktion kombinierter Knochendefekte Produkte: MinerOss® XP / NovoMatrix®/ L-PRF

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