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logo 45 • das CAMLOG Partner-Magazin • Dezember 2019 logo 45 • das CAMLOG Partner-Magazin • Dezember 2019 18 19 Dr. Christian Hammächer, Aachen SOFORTVERSORGUNG IM ZAHNLOSEN OBERKIEFER EIN INDIVUELL ANGEPASSTER THERAPIEWEG Abb. 1: Die Ausgangssituation einer 64-jährigen Patientin. Abb. 3: Anhand der Sondierungstiefen bei der Reeva- luation nach FMD wurde über die Pfeilerprognose im Ober- und Unterkiefer entschieden. Nach Verlust aller eigenen Zähne im Ober- oder im Unterkiefer wünschen sich viele Patienten wieder festsit- zenden Zahnersatz. Die zahnärztliche Implantologie eröffnet uns therapeutische Möglichkeiten, bei einigen Patienten die konventionelle Totalprothetik zu umgehen. Die Entscheidung, ob nach umfangreicher Extrak- tion parodontal geschädigter, nichterhaltungsfähiger Zähne ein festsitzender bzw. ein bedingt abnehmba- rer Zahnersatz auf Implantaten angefertigt werden kann, sollte im interdisziplinären Team vor Beginn der Behandlung zusammen mit den Patienten getroffen werden. Häu g ist ein konsequentes „backward plann- ning“ [1] hierfür unumgänglich. Die vielfältigen chirurgischen und prothetischen Möglichkeiten erlauben es, den Patienten unterschiedliche Lösungsvorschläge zu unterbreiten. Hierbei müssen jedoch die Ansprüche der Patienten, deren „Compliance“, die anatomischen Voraussetzungen sowie Alter und individuelles Risikopro- l ebenso berücksichtigt werden, wie der Zeitfaktor oder das nanzielle Budget, um den individuell passen- den Therapieweg zu nden [2; 3; 4; 5]. Der Patientenfall und die parodontale Therapie Insbesondere beim parodontal vorgeschä- digten Patienten ist die Voraussetzung für einen langfristigen Erfolg der Implantat- therapie eine konsequente parodontale Vorbehandlung bzw. Infektionskontrolle, um das Risiko einer späteren Periimplan- titis zu minimieren [6; 7; 8]. Neben dem parodontalen Status ießt u.a. auch die prothetische Wertigkeit der Restzähne mit in die Entscheidungs ndung in puncto Zahnerhalt ein (Abb. 1 bis 3) . Im vorliegenden Fall einer 64-jährigen Patientin erfolgte nach der Entfernung prognostisch aussichtsloser Zähne eine nichtchirurgische, antiinfektiöse Parodo- taltherapie durch den Parodontologen und Praxispartner Prof. Jamal M. Stein. Bei der Reevulation nach 5 Monaten el, bei teils weiterhin progredienten vertikalen Defek- ten, die Entscheidung, dass kein Zahn im Oberkiefer erhaltungswürdig war. Dies ins- besondere vor dem Hintergrund der Ein- bindung evtl. belassener parodontal vor- geschädigter Pfeiler in eine langzeitstabile festsitzende bzw. gaumenfreie abnehm- bare Versorgung, was der ausdrückliche Wunsch der Patientin im Vorgespräch war. Die in Aussicht gestellte Zahnlosigkeit, verbunden mit dem Tragen einer Totalpro- these, belasteten die Patientin mental sehr [9]. Nach entsprechendem „backward-pl- anning“ konnte der Patientin aus funktio- neller, medizinischer und ästhetischer Sicht eine festsitzende Versorgung in Aussicht gestellt werden [1]. Zahnextraktion, provisorische Versorgung und Therapieplanung Aufgrund des parodontalen Risikopro ls und der insbesondere im posterioren Be- reich kompromittierten knöchernen Situ- ation wurde von einer Sofortimplantation abgesehen. Das Team entschied sich für den in ihrem Therapieansatz sichereren Weg der verzögerten Sofortimplantation nach acht Wochen. Präoperativ wurde PRAXISFALL Abb. 2: Das anschließende OPG zeigt die parodontal vorge- schädigten Zähne. auf Basis der Situationsmodelle eine Im- mediatprothese erstellt. Im Labor waren die Modelle schädelbezogen einartikuliert worden und die Gipszähne des Oberkiefer- modells radiert. Nachdem die Kunststoff- zähne nach ästhetischen und funktionel- len Kriterien aufgestellt waren, erfolgte die Fertigstellung der Prothese (Abb. 4 bis 6) . Nach der Extraktion aller Restzähne im Oberkiefer wurde die Totalprothese einge- gliedert (Abb. 7 und 8) . Da die Patientin sich eine gaumenfreie Versorgung wünsch- te, wurden die verschiedenen protheti- schen Optionen im Oberkiefer besprochen. Klinisch gesehen war die Situation in Bezug auf ästhetische Aspekte wie Lippenunter- stützung und Zahnlänge als grenzwertig für eine festsitzende, rein implantat-getragene Brücke anzusehen, stellte sich jedoch nach entsprechender Ästhetikanprobe als mach- bar heraus. Alternativ wurde eine Stegver- sorgung mit gaumenfreier abnehmbarer Prothese diskutiert. Behandler und Patientin entschlossen sich für eine verschraubte festsitzende Brücke auf sechs Implantaten unter Umgehung umfangreicher Augmentationen im pos- terioren Bereich. Um der Patientin die ihr unangenehme Totalprothesensituation zu verkürzen, wurde eine Sofortversorgung in Aussicht gestellt, sofern die Implantate ausreichend primärstabil verankert werden können [10; 11; 12]. Für Sofortversorgungsprotokolle stehen heute Implantatsysteme zur Verfügung, die eine zuverlässige Primärstabilität auch in schlechteren Knochenqualitäten ge- währleisten. Das Design des CAMLOG PROGRESSIVE-LINE Implantats erfüllt die- se Kriterien. Es hat ein weites ausladendes Gewinde und einen konischen apikalen Bereich, der in Extraktionsalveolen für Stabilität sorgt. Neben einem krestalen Verankerungsgewinde ist das Implan- tat im weiteren Verlauf parallelwandig, so dass die Primärstabilität auch bei der Veränderung der vertikalen Ausrichtung erhalten bleibt. Prächirurgische Maßnahmen Im Hinblick auf die angedachte Sofortver- sorgung mittels „Guided Surgery“ wurde die Totalprothese für die Herstellung ei- ner Röntgenschablone doubliert, um eine exakte Implantatplanung durchführen zu können. Zur Sichtbarkeit der Zahn- positionen im DVT müssen die Zähne der Röntgenschablone Bariumsulfat enthalten (Abb. 9) . Die Schablonenbasis war aus glasklarem Kunststoff gefertigt worden und mit Referenzpunkten zur exakten Orientierung und Überlagerung der unter- schiedlichen Datensätze versehen. Anhand der generierten Daten und deren „Mat- ching“ konnte das behandelnde Team die optimale Position der sechs Implantate festlegen, die für eine festsitzende gau- menfreie Versorgung notwendig sind. Die prothetisch orientierte Platzierung der Im- plantate sollte ein möglichst großes Belas- tungspolygon bilden. Die distalen Implan- tate wurden im Bereich der ersten Molaren festgelegt, die weiteren sollten im Bereich der seitlichen Schneidezähne und in der Abb. 4 und Abb. 5: Für die Fertigung einer Immediatprothese wurden Situationsmodelle vom Ober- und Unterkiefer erstellt. Diese wurden nach einer Gesichtsbogenübertragung schädelbezogen einartikuliert. Abb. 6: Im Labor wurden alle Zähne radiert, und eine Totalprothese nach funktionellen und ästhetischen Kriterien gefertigt. Abb. 7: Nach Extraktion der nicht-erhaltungswürdi- gen Zähne konnte die Immediateprothese eingeglie- dert werden. Abb. 9: Für die Implantatplanung im DVT wurde die Prothese dubliert. Zur Sichtbarkeit der Zahnpositionen verwendete der Techniker bari- umsulfathaltige Zähne, die er auf der glasklaren Prothesebasis xierte. Abb. 8: Die Prothese erfüllte die ästhetischen Kriterien in punkto Zahnlänge, Zahnstellung beziehungsweise Lippen- unterstützung. PRAXISFALL
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